30. Juli 2010 16:22 Uhr
Der Konflikt in Kirgistan hatte, so war es vielen Medien zu entnehmen, ethnische Hintergründe: Die kirgisische Mehrheit hat der usbeskischen Minderheit das Leben zunehmend schwer gemacht. Wegen Auseinandersetzungen der beiden Gruppen waren im Juni bis zu 2.000 Menschen ums Leben gekommen. Der Grund für den Konflikt liege, so schreibt die Ethnologin Judith Beyer in den "Zentralasien-Analysen", aber nicht etwa in der Vergangenheit. Vielmehr sei die unmittelbare Gegenwart der "Schlüssel zum Verständnis dafür, warum Gewalt in Kirgistan ethnisiert wird". Demnach ist, grob gesagt, der Zerfall der Sowjetunion die Scheidemarke: Ebnete die sogenannte Russifizierung vorher Unterschiede zwischen Ethnien wenigstens etwas ein, so traten sie nach 1991 voll zutage. Öffentliche Ämter wurden an Kirgisen vergeben, die Geschichte des Landes wider besseres Wissen auf Kirgisen beschränkt, Menschen anderer Herkunft, wie etwa Usbeken, gesellschaftlich an den Rand gedrängt. Auch die Übergangsregierung von Rosa Otunbajewa wird von der Forscherin aus Halle an der Saale kritisiert: Sie denke im Prinzip auch ethno-nationalistisch, also pro-kirgisich. Und auch die neue Verfassung, in die westliche Experten viel Hoffnung gesteckt hatten, erwähne die Minderheiten nicht, schreibt Judith Beyer in ihrem Aufsatz.
Quelle: DRadio Wissen Lizenz: Creative Commons Licence: Namensnennung, keine kommerzielle Nutzung, keine Bearbeitung (BY-NC-CD)